Sportsgeist

Veröffentlicht auf von Michael Eder

Wenn es den olympischen Geist nicht gäbe, so müsste man ihn
flugs erfinden. Der olympische Geist nämlich macht selbst aus
der profansten Leibesübungphantastischen Sport,
er weht die ewigen Werte hinein, das Pathos,
die Fairness, den Lorbeer, sogar die Medaillen.

   Kein Wunder also, dass jetzt auch Bernie Ecclestone
den wahren Geist des Sports entdeckt hat, der Formel-1-Boss
will seine rasenden Piloten künftig mit Gold-, Silber-
und Bronzemedaillen beglücken und dafür das bisherige
Punktesystem abschaffen; die Teams, sagt Ecclestone,
seien von seinen Plänen ganz begeistert.

   Doch sie sollten vorsichtig sein, so eine Medaille um den Hals
macht sich zwar blendend, wird von seinen Verleihern aber gern
dazu benutzt, künftig andere Arten von Anerkennung,
zum Beispiel offizielle Zahlungsmittel, einzusparen. Napoleon
hatte dieses System bei seinen Soldaten perfektioniert –
Ecclestone hat demnach ein großes Vorbild.  

   Nicht alle Athleten jedoch lieben ihre Medaillen.
Der amerikanische Skirennfahrer Bode Miller
zum Beispiel benutzte olympisches Silber, um in seiner Innsbrucker
Wohnung einen Klodeckel zu fixieren,der dazu neigte,
in ungünstigen Momenten zuzuklappen. Die Konstruktion hielt eine Weile,
versagte dann aber mit dem Ergebnis, dass die Medaille im Orkus verschwand.
Man sieht also: Auch eine Medaille, und sei sie noch so schön,
ist nicht unbedingt ein Andenken von ewigem Wert.


November 2008

Veröffentlicht in Glossen

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